700 Jahre Amberger Wochenmarkt

I. Amberg als Handelsort

Von Anfang an spielte der Handel für Amberg und seine Wirtschaft eine große Rolle. Vielleicht war er sogar für die Entstehung des Ortes verantwortlich. Bereits in der Urkunde Kaiser Konrads II. vom 24. April 1034[1], in der sich die erste Nennung der „villa Ammenberg“ findet, wird deutlich, dass sie ein wichtiger Handelsplatz war. Er erfuhr im 12. Jahrhundert durch Privilegien für seine Kaufleute weitere Förderung. Kaiser Friedrich I. stellte sie am 13. März 1163 ihren Bamberger Kollegen gleich[2], der Passauer Bischof Rupert drei Jahre später den Regensburger Kaufleuten[3]. Das zeigt, dass der Handel der Amberger vor allem mit Salz, Erz, Eisen und daraus gefertigten Produkten schon einen beträchtlichen Umfang angenommen hatte.

II. Der innerstädtische Handel

1. Erste Erwähnung eines Amberger Wochenmarkts

Der von bedeutenden Amberger Familien betriebene Groß- und Fernhandel hat aber nichts mit dem zu tun, der der Versorgung der Bevölkerung in der ummauerten Stadt mit Gütern des täglichen Bedarfs diente. Sie erfolgte auf dem Wochenmarkt. Da sich aber keine Urkunde erhalten hat, die dessen Verleihung an die Stadt dokumentiert, kann zu seiner Datierung nur auf die erste schriftliche Erwähnung zurückgegriffen werden. Sie findet sich in einem Diplom, mit dem König Ludwig der Bayer zu seinem, seiner Vor- und Nachfahren Seelenheil am Perhtentag, dem 6. Januar, des Jahres 1323 dem Kloster Kastl gestattete, in dem unterhalb des Klosters gelegenen gleichnamigen Markt künftig jeden Mittwoch einen „freyen marckt“ abzuhalten. Er sollte wie es in der Urkunde heißt, „in allen und mit allen den rechten“ ausgestattet sein, „als unser stad ze Amberch wochenlichen einen marchttag hat“[4]. Damit ist die Urkunde nicht nur der früheste Beleg für die Existenz des Amberger Wochenmarkts, sondern ebenso für die des Marktes Kastl.

Ludwig der Bayer war aber nicht nur Förderer des Benediktinerklosters Kastl[5], sondern vor allem auch der Stadt Amberg. Schon als Herzog gewährte er ihr ein Privileg, das es verbot, Holz zum Zwecke des Verkohlens zu verkaufen[6]. Als König stiftete er 1317 ein Spital[7], verpflichtete ein Jahr später alle Anwesenbesitzer zur Bezahlung der Stadtsteuer[8], bestätigte die Privilegien der Stadt[9]. Am 25. Januar, also nicht ganz drei Wochen nach der Wochenmarktsverleihung an das Kloster Kastl, fixierte er die Amberger Stadtsteuer[10].

Ob Ludwig aber als „Stifter“ des Amberger Wochenmarkts anzusprechen ist, ist denkbar, aber wenig wahrscheinlich. Möglicherweise geht der Wochenmarkt bereits auf ein Privileg von Ludwigs Vater, Herzog Ludwig II., zurück, der nach seiner Belehnung mit Amberg durch den Bamberger Bischof im Jahr 1269 dieser ein ebenfalls nicht erhaltenes Stadtrecht verlieh.

Aufgrund dieser Überlieferungssituation wissen wir nicht, wie der Amberger Wochenmarkt 1323 ausgesehen hat, wer die Beschicker waren, oder wie das Warenangebot aussah. Der hauptsächliche Ort des Marktgeschehens war sicherlich der „Markt“, später „Marktplatz“, der sich einer Urkunde Ludwigs IV. von 1312 erstmals urkundlich nachweisen lässt, als der Herzog den Bürger Ott, gesessen „an dem marcht ze Amberg“, mit dem Acker Neumühle belehnte[11].

2. Der Wochenmarkt im 16. und beginnenden 17. Jahrhundert

Fast zweieinhalb Jahrhunderte nach der ersten schriftlichen Erwähnung eines Amberger Wochenmarkts berichtet Bürgermeister Michael Schwaiger in seiner Chronik, dass der Wochenmarkt „etwas spröde“ geworden wäre[12]. Die Ursache sieht er darin, dass man nicht mehr an der von Pfalzgraf Wolfgang in seiner Statthalterzeit erlassenen Wochenmarkts-Ordnung von 1545 festhielt. Sie wäre nicht nur der Stadt, sondern ebenso – so wörtlich – „den Bawrsleuten zu nutz vnd wolfart geraichet“. So aber würden die „Fürkeuffer“ profitieren und die Bewohner der Stadt „der Victualien entperen“. „Fürkeuffer“ tätigten den Fürkauf, den Vorwegkauf einer Ware zum gewinnträchtigen Weiterverkauf. Der so entstehende Zwischenhandel verteuerte die Waren, schadete damit den Verbrauchern, und wurde deshalb als Wucher gebrandmarkt. Von dem System profitierte nicht nur der Zwischenhändler, sondern in gleicher Weise der Erzeuger, der damit einen Teil oder seine gesamte Ware auf einen Schlag loswurde.

Deshalb überliefern die Wochenmarkts-Ordnungen stets das Verbot des „Fürkaufs“. Dies gilt für diejenige, die Pfalzgraf Johann Casimir als Vormund seines Neffen, des späteren Kurfürsten Friedrichs IV., am 22. Juni 1586[13] erließ genauso, wie für diejenige, die Friedrich IV. 20 Jahre später, am 20. August 1606[14], erneuerte. Um den Fürkauf einzudämmen, verbot letztere den Kauf „auff und in den ungewöhnlichen Gassen“ sowie „vor der Stadt / oder bey den Thoren“, worauf die Torhüter achten sollten. Zudem wurden zu dem Zweck „etliche vertraute und fleißige Aufmercker“ aufgestellt.

Da die Ordnungen das Marktgeschehen detailliert regelten, soll dieses anhand der Festschreibung von 1606 im Folgenden vorgestellt werden. Markttag war - wie schon seit geraumer Zeit- der Samstag. Der Wochenmarkt begann nach dem Aufsperren der Stadttore mit dem Aufstecken eines Fähnleins mit dem Stadtwappen und endete 11 Uhr mittags. In der Zeit waren nur die Herrschaft, ihre Angehörigen, die Bürger und Inwohner zum Einkauf berechtigt. Nach dem Ende der Marktzeit, „so das Fähnlein oder Zeichen abgethan wird“, war es den Fremden erlaubt, einzukaufen.

Anbieter waren die Untertanen im Landgericht und Hofkastenamt Amberg, die ihre Produkte weder zuhause, noch woanders, sondern ausschließlich auf dem Amberger Wochenmarkt verkaufen durften. Das Warenangebot umfasste der Ordnung nach „Getraid / Vieh / Ochsen / Küh / Kälber / Schaaf / Lämmer / Säu / Schweinferlein / Fisch / Krebs / Vögel / Gänß / Hüner / Koppen / Enten / Tauben / Schmalz / Eyer / Obst / Käß / Flachs / Wachs / Honig / Unßlit [Talg für Beleuchtungszwecke] / Gefüll [also Rauchwerk, Felle] / Holtz und alle ander dergleichen“.

Neben den Bauern aus den umliegenden Dörfern waren überdies außerhalb der Stadt wohnende Bäcker sowie einheimische Handwerker und Gewerbsleute, vor allem Müller und Metzger zum Markt zugelassen.

Verstöße gegen die Ordnung waren zu ahnden und abzustrafen. Dies galt, wenn ein Verkäufer um seine Ware, oder ein Käufer auf verbrecherische Weise um sein Geld kam, oder ein Schuldner seiner Zahlungsverpflichtung nicht nachkam, dann sollten die Geschädigten durch landesherrliche Amtleute, Bürgermeister und Rat „schleinige hülff“ erfahren.

Die Wochenmarkt-Ordnung schrieb ebenso fest, wo was verkauft werden durfte. Viehmarkt „zu Ochsen / Küh / Kälbern / Schaafen / Lämmern / und dergleichen [war] auff dem Platz / sonsten der Saumarckt genannt“, Schweinemarkt „in der breiten Gassen beym Zigelthor“, Fischmarkt „auff dem Marckt bey dem Röhrbrunnen an der Kirchen“, Getreidemarkt „am gewöhnlichen Marckt / bey der Apothecken stracks hinauff dem Spital zu“, Holzmarkt „hinter dem Rathhauß / bey dem weisen Rösslein / oder in der Gassen gegen dem Ziegelthor“ und Rossmarkt „alle Sambstag in der Fasten auff dem Kloster-Platz“. Der Verkauf von „Hünern / Koppen / Gänsen / Enten / Tauben / Vögeln / Schmaltz / Eyern / Käsen / Flachs / Obst / und dergleichen Feilschafften“ erfolgte auf dem Marktplatz. Hier durfte überdies an anderen Wochentagen leicht verderbliche Ware wie „Vögel / frische Eyer / Milch / Milchraum und dergleichen“ verkauft werden. Hafnerwaren wurden „vor der oberen Sanct Martins Kirchenthür an / fornen am Marckt biß hinab an die Kirchenthür“ angeboten.

3. Die Wochenmarkts-Ordnung vom 3. September 1763

Die Wochenmarkts-Ordnung Kurfürst Friedrichs IV. von 1606 war bis zum Jahr 1783 in Gebrauch[15]. Bei ihrer Erneuerung kam als Markttag zum Samstag der Mittwoch hinzu. Der Wochenmarkt fing mit dem Ausstecken der Marktfahne auf dem Rathaus und dem Ertönen einer Glocke an. Er begann je nach dem Einsetzen der Helligkeit am Morgen zu unterschiedlichen Zeiten, so im Sommer um 06.00 Uhr, im Frühjahr und im Herbst um 07.00 Uhr und im Winter um 08.00 Uhr. Einem geregelten Ablauf sollte die Bildung von „Reyhen oder Gassen“ auf dem Marktplatz dienen. So wurde in der ersten „das Geflügelwerk“, in der zweiten „Schmalz, Eyer und Butter“, in der dritten „Kitz, Sauger, also Jungtiere, dann Schweinferlein“, in der vierten „Haasen, Vögel, so anders Geflügelwerk“, in der fünften „Obst und Kräutelwerk“ und schließlich in der sechsten „Flachs, Hanf, Zwirn, Wolle, Leinward, so anders“ angeboten.

Die Teilnahme am Markt war für die Beschicker „bey Vermeidung öffentlich- und exemplarischer Züchtigung“ mit der Entrichtung einer Gebühr von einem Kreuzer verbunden. Sie hatten bei der Stadtwaage „hölzerne Bänke“, auf denen sie saßen, zum Preis von zwei Pfennigen abzuholen, die der Marktknecht zusätzlich zu den zwei Pfennigen, die ihm zustanden, zugunsten der Stadtkammer einnahm. Er war ausführendes Organ des aus dem ältesten Bürgermeister als „Marktsherr“ und zwei Mitgliedern des Rates bestehenden Gremiums, das für die Einhaltung der Marktordnung und die darin ausgesprochenen Verbote verantwortlich war. Dazu gehörte neben der Untersagung des Fürkaufs dasjenige, den Verkäufern - so wörtlich – „ihre Feilschaften mehr mit solchen Gewalt, als bisher geschehen aus denen Händen, Körben und Armkrötzen, also Handkörben, zu reissen, und hiedurch denen Bauers-Leuten zu einer Theuerung Ursach geben“.

4. Der Wochenmarkt zu Beginn des 19. Jahrhunderts

Dieses rabiate Vorgehen lässt sich noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts beobachten. Das geht aus einem „Verruf“ hervor, den das Generalkommissariat des Naabkreises am 18. November 1808 dem Polizeikommissariat Amberg sandte und der der Bevölkerung per „Trommelschlag“ bekannt zu geben war[16]. Das Generalkommissariat beklagte darin „die auffallende Unordnung und das ungestüme Betragen Vieler, welche sich zum Einkaufen auf den hiesigen Wochenmarkt begeben“. Besonders gerügt wurde, dass nicht auf das offizielle Zeichen zum Beginn des Marktes gewartet wurde, dass man die Landleute nicht einmal sich setzen ließ, sondern ihnen - so wörtlich - „gleich bei ihrer Ankunft die Viktualien mit Ungestüm und heißer Begierde aus den Körben reissen, sie oft gar noch mit heißen Stössen gröblich mißhandeln, ja sogar unter sich um eine Henne, ein Huhn, um ein Spanferkl und dergleichen in solchen Streit gerathen [würde], daß so ein Stück, welches mehrere ergreifen, in Stücken zerrissen worden ist.“ Folge dieses Verhaltens wäre aus der Sicht des Generalkommissariats nicht nur eine Verknappung des Angebots, eine Verteuerung der Waren, sondern darüber hinaus das Ausbleiben der durch das „unsittliche und unleidentliche Betragen“ abgeschreckten Verkäufer. Deshalb ordnete die Behörde die Ahndung solcher Vorfälle und die sofortige Arretierung der Täter und deren Abstrafung an.

5. Der Wochenmarkt heute

Heute geht es auf dem Wochenmarkt wesentlich gesitteter zu. Den Wochenmarkt und alles, was damit zusammenhängt, regelt die „Satzung für die Märkte in der Stadt Amberg (Marktsatzung)“ vom 22. Dezember 2009. Die dabei anfallenden Gebühren finden sich in der „Gebührensatzung für die Märkte in der Stadt Amberg (Marktgebührensatzung)“ vom 19. September 2023 festgehalten.

Dr. Johannes Laschinger


[1] Urkunde vom 24. April 1034, Staatsarchiv Bamberg HU 101; gedruckt: Johannes Laschinger (Bearb.), Denkmäler des Amberger Stadtrechts, Teil 1 (Bayerische Rechtsquellen 3, 1), München 1994, S. 1f., Nr. 1.

[2] Urkunde vom 13. März 1163, Stadtarchiv Amberg, Urkunden 81; gedruckt: Laschinger, Denkmäler (wie Anm. 1), S. 2f., Nr. 2.

[3] Urkunde von 1166, Abschrift des 12. Jahrhunderts, Bayerisches Hauptstaatsarchiv HL Passau 2, gedruckt: Laschinger, Denkmäler (wie Anm. 1), S. 3f., Nr. 3.

[4] Staatsarchiv Amberg, Kloster Kastl Urkunden 62; Regest: Doris Bulach (Bearb.), Die Urkunden aus den Archiven der Oberpfalz und Tschechiens, in: Michael Menzel (Hg.), Regesten Kaiser Ludwigs des Bayern (1314-1347), Heft 9, Mainz 2012, S. 116, Nr. 206.

[5] Karl Bosl, Das Nordgaukloster Kastl (Gründung, Gründer, Wirtschafts- und Geistesgeschichte), in: VHVO 89 (1939), S. 3-186, bes. S. 98.

[6] Urkunde vom 13. Dezember 1310, Stadtarchiv Amberg, Urkunden 4; gedruckt: Laschinger, Denkmäler (wie Anm. 1), S. 6f., Nr. 6.

[7] Urkunde vom 22. April 1317, Stadtarchiv Amberg, Urkunden 7; gedruckt Laschinger, Denkmäler (wie Anm. 1), S. 8f., Nr. 8.

[8] Urkunde vom 23. März 1318, Stadtarchiv Amberg, Urkunden 8; gedruckt Laschinger, Denkmäler (wie Anm. 1), S. 10, Nr. 9.

[9] Urkunde vom 24. März 1318, Stadtarchiv Amberg, Urkunden 9; gedruckt Laschinger, Denkmäler (wie Anm. 1), S. 11f., Nr. 11.

[10] Urkunde vom 25. Januar 1323, Stadtarchiv Amberg, Urkunden 10; gedruckt: Laschinger, Denkmäler (wie Anm. 1), S. 13, Nr. 14.

[11] Urkunde vom 12. Mai 1312, Stadtarchiv Amberg Urkunden 6; gedruckt: Laschinger, Denkmäler (wie Anm. 1), S. 8, Nr. 7.

[12] Michael Schweiger, Chronica oder kurtze beschreibung der churfürstlichen stad Amberg, in der Oberen Pfalz in Beiern gelegen, wie dieselben herkhomen vnd gestalt, Auch in was Wesen, Regiment vnd Ordnung die gestanden, sampt der Succession der Pfaltzgrafen, Churfürsten vnd etlichen fürnemen Historien, Wittenberg 1564, Titel XII.

[13] Staatsarchiv Amberg, Regierung Amberg 256.vgl. Rita Maria Sagstetter, Gedruckte Wochenmarktsordnung für die Stadt Amberg, in. Johannes Laschinger (Hg.), Archivische Schätze. Aus 975 Jahren Amberger Geschichte (Beiträge zur Geschichte und Kultur der Stadt Amberg 4), Amberg 2009, S. 88f.

[14] Stadtarchiv Amberg, Administrativakten AuR 1.

[15] Johann Kaspar von Wiltmaister, Churpfälzische Kronik oder Beschreibung vom Ursprunge des jetzigen Nordgau und obern Pfalz, derselben Pfalzgrafen, Churfürsten und andern Regenten, nebst den vorgefallenen besonderen Merkwürdigkeiten der churf. oberpf. Haupt und Regierungsstadt Amberg, Sulzbach 1783, S. 558, Auszug aus der Ordnung S. 559-562.

[16] Amberger Wochenmarkt, Stadtarchiv Amberg, Zg.I/867.