Wie viele Städte in Deutschland sieht sich auch Amberg mit einer wachsenden Zahl an Pflichtaufgaben ohne vollständige Gegenfinanzierung konfrontiert. Bund und Länder übertragen immer mehr Aufgaben oder erhöhen die Standards, ohne die finanziellen Mittel entsprechend anzupassen. In der Folge steigt das strukturelle Defizit der Kommunen bundesweit: Allein im ersten Halbjahr 2025 belief sich das Defizit der Städte in Deutschland auf rund 4,7 Milliarden Euro.
„Wir müssen und werden sparen“, betont Oberbürgermeister Michael Cerny. „Aber wir dürfen nicht gezwungen sein, die übertragenen Pflichtaufgaben über Darlehen zu finanzieren. Wer entsprechende Gesetze, Standards oder Rechtsansprüche formuliert muss auch für eine auskömmliche Finanzierung der Umsetzung sorgen. Hier ist neben dem Freistaat Bayern natürlich auch der Bund gefordert, um die Leistungsfähigkeit der Städte dauerhaft zu sichern – und ihnen im Sinne des Grundgesetzes auch den notwendigen Gestaltungsspielraum für eigene Projekte zu geben. Das ist Kern der kommunalen Selbstverwaltung.“
Trotz angespannter finanzieller Lage sendet die Stadt Amberg mit dem geplanten Haushalt 2026 ein klares Signal an die Wirtschaft und den Bildungsstandort Amberg. „Wir stehen zu unseren Verpflichtungen und investieren weiter in die Zukunft unserer Stadt“, betont OB Cerny.
Der neue Haushaltsplan zeigt allerdings deutlich, dass die finanziellen Spielräume enger werden. Zum ersten Mal kann die Stadt Amberg die von der Regierung geforderte Sollzuführung nicht mehr leisten. Diese Sollzuführung beschreibt die Verpflichtung, aus eigenen Mitteln die Tilgung von Darlehen zu decken und Ersatzbeschaffungen finanzieren zu können. „Ich kann mich nicht erinnern, dass wir je in einer solchen Situation waren“, so Jens Wein, Referent für Finanzen, Wirtschaft und Europaangelegenheiten. „Aber wir sind damit nicht allein. Rund 95 Prozent der bayerischen Kommunen stehen vor demselben Problem.“
Die Stadt Amberg kann ihre „dauerhafte Leistungsfähigkeit“ derzeit nicht aus eigener Kraft nachweisen. Gesetzlich ist sie deshalb verpflichtet, alle möglichen Einnahmequellen auszuschöpfen. Das bedeutet, dass Gebühren- und Beitragserhöhungen, etwa im Kulturbereich, unumgänglich sind. Gleichzeitig müssen die Ausgaben weiter reduziert werden.
Dennoch hat sich der Stadtrat einstimmig dafür ausgesprochen, die freiwilligen Leistungen, wie kulturelle und soziale Angebote, beizubehalten. „Wir bitten aber um Zurückhaltung. Mehr ist schlicht nicht machbar. Die Schrauben sind stark angezogen“, so Wein.
Um den Haushalt dennoch genehmigungsfähig zu gestalten, muss die Stadt nun an ihre Ersatzdeckungsmittel, also das sprichwörtliche Sparschwein, heran. Insgesamt klafft im Verwaltungshaushalt eine Lücke von rund 4,7 Millionen Euro. Diese wird durch eine Entnahme von 1,1 Mio. Euro aus den Rücklagen, 900.000 Euro aus der Investitionspauschale und 2,7 Millionen Euro aus der Veräußerung von Anlagevermögen geschlossen.
Die Stadt Amberg verfügt derzeit noch über eine solide Rücklagenbasis, die es ermöglicht, kurzfristige finanzielle Engpässe zu überbrücken. Doch diese Mittel sind begrenzt und können nicht dauerhaft zur Stabilisierung des Haushalts herangezogen werden. Ist die Rücklage erst aufgebraucht, wäre ein Defizitausgleich aus eigener Kraft nicht mehr möglich. Die aktuelle Haushaltsstrategie darf keine Dauerlösung sein, sondern eine Übergangsphase, um die finanzielle Handlungsfähigkeit zu sichern.
Warum die Stadt Amberg ihren Verwaltungshaushalt nicht mehr ausgleichen kann, liegt an Faktoren, die sie kaum beeinflussen kann. Ein wesentlicher Punkt ist das Defizit des Klinikums St. Marien. Als kommunaler Träger stellt die Stadt im Haushaltsjahr 2026 eine Liquiditätsreserve in Höhe von 8,9 Millionen Euro bereit, um die medizinische Versorgung zu sichern.
Hinzu kommen die rasant steigenden Ausgaben in der Jugendhilfe, die seit zehn Jahren jährlich um etwa 15 Prozent wachsen. Diese Kosten resultieren aus bundesrechtlich festgelegten Leistungen, auf die die Stadt keinen Einfluss hat. Zudem steigen die Bezirksumlage – insbesondere durch höhere Pflegekosten – sowie die Bürokratiebelastung, die zunehmend Ressourcen bindet.
Trotz der prekären Finanzlage sendet Amberg ein deutliches Signal: Investitionen in Wirtschaft und Bildung werden nicht gestoppt. Geplant sind vor allem Tiefbaumaßnahmen zur Erschließung der Gewerbegebiete West und Karmensölden, der Ausbau des Kanals im Industriegebiet Nord sowie die Anschlussmaßnahmen für die Westumgehung.
Im Bildungsbereich setzt die Stadt ebenfalls ein starkes Zeichen: An der Max-Josef-Schule werden bauliche Maßnahmen umgesetzt, die nicht als Pflichtaufgabe, sondern als Investition in die Attraktivität des Bildungsstandorts verstanden werden. Zudem beginnen die Planungen für die Sanierung und den Ausbau der Barbaraschule sowie des Kindergartens Ammersricht.
Die wichtigsten Kennzahlen des Haushalts 2026:
- Gesamthaushalt: 227,37 Mio. € (+0,48 % gegenüber Vorjahr)
- Verwaltungshaushalt: 182,29 Mio. € (+5,49 % gegenüber 2025)
- Vermögenshaushalt: 45,09 Mio. € (-15,7 % gegenüber 2025)
- Fehlbetrag / fehlende Sollzuführung: 4,68 Mio. €
- Rücklagenentnahme: rund 8,4 Mio. € (davon 1,1 Mio. € zur Finanzierung des Verwaltungshaushalts)
- Geplante Darlehensaufnahmen: 18 Mio. € – davon
- 8,9 Mio. € für das Klinikum St. Marien (Liquiditätsreserve)
- 9,1 Mio. € für Investitionen (u. a. Schulen, Kanal- und Straßenbau)
(grt)

